Interview mit dem deutschen
Astronauten Ulrich Walter
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"Und im Jahre 2033
geht's dann zum Mars"

Ulrich Walter hat das gemacht, wovon wohl jeder kleine Junge mal geträumt hat: Er ist mit dem Space Shuttle ins All geflogen. Heute ist er Professor und Lehrstuhlinhaber für Luft- und Raumfahrttechnik an der TU München.

Hier spricht er über seinen Raumflug, zukünftige Raumfahrtprojekte, die Besiedelung des Mars und erklärt, warum wir wahrscheinlich die einzige Zivilisation in unserer Milchstraße sind.

Ein Drillingsraum-Interview, 4. April 2008
Von Marc Gänsler

 

Drillingsraum: Am 26. April 1993 sind Sie als Wissenschaftsastronaut mit dem Space Shuttle Columbia ins All geflogen. Was für Aufgaben hatten Sie während Ihres Raumfluges?

Ulrich Walter: Wir waren sogenannte Nutzlastspezialisten, das heißt wir waren für die Nutzlast in der Ladebucht verantwortlich. Und das war das Raumlabor, dort haben wir 89 Experimente in 10 Tagen durchgeführt.

Drillingsraum: Sie haben viele Schriften und Bücher zum Thema Raumfahrt verfasst. In Ihrem Buch „In 90 Minuten um die Erde“ beschreiben Sie auf eindrucksvolle Weise Ihre Zeit im Weltraum. Was hat Sie an Ihrem Raumflug am meisten fasziniert?

Ulrich Walter: Der Start, die Schwerelosigkeit, und wie viel man im Weltraum schon arbeiten muss. (lacht)

Drillingsraum: Die Frage, die Sie wahrscheinlich in jedem Interview beantworten müssen: Wie verlief Ihr Werdegang zum Astronauten?

Ulrich Walter: Ja, also ich wusste ja am Anfang gar nicht, dass ich Astronaut werden sollte. Das kam eigentlich erst später. Als ich jung war gab's keine deutschen Astronauten, also es gab keine Geschichte der deutschen Astronauten. Was mich immer interessierte war: Wie funktioniert die Welt? Und da hatte ich mir gedacht, da machste am besten Physik, und das hab ich deswegen auch gemacht. Bin dann in Köln an die Hochschule

gegangen, an die Uni, hab dort studiert, und das war eigentlich genau das, was ich wollte, das fand ich einfach toll. Dann war ich fertig, und dann hab ich gesagt Mensch, die ganze Forschung interessiert dich so sehr, du bleibst an der Uni, machst ne Hochschulkarriere. Und deswegen bin ich 2 Jahre ins
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Ausland gegangen, ich war in Chicago und Kalifornien. Und als ich zu Weihnachten zu Hause war, da hab ich dann eben zufälligerweise gesehen, dass sie einen deutschen Wissenschaftsastronauten suchen. Und das Wichtige dabei ist Wissenschafts-Astronaut, diese Kombination, ja. Fliegen hab ich immer gern gemocht, obwohl ich eigentlich bis dahin keinen Flugschein hatte. Naja, und dann Wissenschaft im Weltraum, da hab ich gesagt: Das isses, bewirbste dich. Das hab ich dann auch gemacht. Und dann braucht man nur ein paar Auswahltests durchlaufen, und schon wird man gewählt von 1799 Leuten (lacht). Ja, und dann ist man Astronaut.

Drillingsraum: Wie wird man durch die Erfahrung eines Raumflugs verändert?

Ulrich Walter: Ja, zunächst erstmal merkt man, dass man viel arbeiten muss, das vergessen die Leute immer. Aber es ist eben etwas anderes. Es ist die Schwerelosigkeit und der Blick auf die Erde. Beim Arbeiten schwerelos zu sein, das ist irgendwie, ich weiß auch nicht. Es ist so aus der Welt. Es ist einfacher im Hinblick darauf, sich fortzubewegen. Es ist schöner, sagen wir mal so. Sie brauchen sich nur hier und da ein bisschen abstoßen, und dann schwebt man da rüber. Es macht auch irgendwie mehr Spaß, sich auf diese Weise fortzubewegen, das ist eine sehr schöne Angelegenheit. Ja, und die Veränderung hat man aber auch dadurch, dass man eben auf die Erde blickt. Die Erde aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen, ist einfach ein tolles Erlebnis. Leider hat man nicht so viel Zeit dazu. Nur beim Essen oder so, wenn man wirklich mal nicht gerade arbeitet, dann hat man die Zeit.

Drillingsraum: Seit März 2003 sind Sie Inhaber des Lehrstuhls für Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. Wie sieht Ihr aktuelles Forschungsgebiet aus?

Ulrich Walter: Also wir haben vier Forschungsgebiete. Unser Hauptforschungsgebiet heißt „Neue Satellitentechnologien“. Und da arbeiten wir hauptsächlich an sogenannten Intersatellite links, also an der Verbindung zwischen den Satelliten im Weltraum, insbesondere niedrigfliegenden Orbits. Das heißt also dort, wo die Erdbeobachtungssatelliten sind, damit die ihre Daten runterbekommen. Dann entwickeln wir zusammen mit der Industrie hier Rechnersysteme, also spezielle Rechner für Weltraumanwendungen, und auch Videokameras.

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Das sind so die wesentlichen Sachen. Tatsächlich arbeiten wir zusammen mit Professor Hirzinger an einer Robotic-Mission im Weltraum. Mit solchen Kommunikationstechniken wollen wir eigentlich Robotic im Weltraum machen. Professor Hirzinger macht sozusagen die Roboterarme, und

wir machen die ganze Kommunikationstechnologie. Und das ist das was uns wirklich interessiert, das machen wir. Das ist also die Satellitentechnologie. Dann haben wir noch Systems-Engineering, Systemtechnik nennt man's im Deutschen. Das heißt, wir interessieren uns dafür, wie man Systeme genereller Art grundsätzlich einfacher bauen kann, so in wenigen einfachen Worten beschrieben. Dazu gehören aber auch Optimierungstechniken. Das heißt: Wie kann man Prozesse oder Systeme optimieren. Dann haben wir noch einen Bereich mit bemannter Raumfahrt. Klar, ich bin Astronaut, dann muss man natürlich auch bemannte Raumfahrt machen. Ich bin übrigens der Einzige in ganz Deutschland, der überhaupt bemannte Raumfahrt macht. Und dann haben wir noch einen kleineren Bereich, das sind Hochgeschwindigkeitsbeschleuniger, also ziemlich große Geräte mit Millionen von Volt, mit denen man kleinste Partikel auf kosmische Geschwindigkeiten beschleunigt. Also kosmisch heißt, so 30 bis 40.000 Kilometer pro Stunde, also sehr hohe Geschwindigkeiten. Das sind so die wesentlichen Gebiete.

Drillingsraum: Sie moderierten 5 Jahre lang die Wissenschaftssendung „MaxQ – Lust auf Wissen“ im Bayerischen Fernsehen. Könnten Sie sich vorstellen, zukünftig wieder etwas in diese Richtung zu machen?

Ulrich Walter: Ja kann ich mir gut vorstellen, hat mir viel Spaß gemacht. Nur als ich damals hier nach München kam, hatte ich dann einfach die Zeit nicht mehr, deswegen musste ich das aufhören. Aber das könnt' ich mir gut vorstellen. Nur im Augenblick hab ich auch noch nicht die Zeit dazu, der Lehrstuhl hat noch nicht die Reife, trägt sich sozusagen noch nicht alleine. Ich muss noch relativ viel Zeit investieren, aber in Zukunft könnt' ich mir das gut vorstellen, ja.

 
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