Zwei ist eins zuviel

Um zu bauen, braucht man Pläne. Pläne, in denen genau steht, was wie zu tun ist. Zeichnungen sorgen für einen ersten optischen Eindruck, Materialangaben vermitteln Ingenieuren wichtige Informationen zu Statik oder finanziellem Aufwand, und Maßeinheiten sorgen dafür, dass später alles zusammenpasst. Im letzten Punkt allerdings gibt es Unterschiede. In Europa verwendet man das metrische System, um Maße zu beschreiben. Physikalische Größen lassen sich hier meist leicht und ohne komplizierte Umrechnungsfaktoren in Zusammenhang stellen. Etwa sind 1.000 Mikrometer ein Millimeter, eine Tonne ist die einfachere Bezeichnung für 1.000.000 Gramm, und ein Würfel mit 10 Zentimetern Kantenlänge entspricht dem Volumen eines Liters. Wer schon einmal in den USA getankt hat, weiß zwar, dass das Benzin dort billiger ist, doch um wie viel genau, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Denn man tankt dort nicht in Litern, sondern in "Gallons", also in Gallonen, wovon eine in etwa 3,785 Litern entspricht. Auch gibt es dort keine "Meter", sondern "Yards", und die amerikanische Tonne ist auch nicht ganz das was sie in Europa ist, dazu fehlen ihr knapp 100 Kilo.

Die Sache ist klar, die USA verwenden nicht das metrische, sondern das angloamerikanische Maßsystem. Es beruht nicht auf dem Meter, sondern vielmehr auf Körpermaßen (Fuß, Elle etc.) und Gegenständen, die früher für Abmessungen leicht zugänglich bzw. gut vorzustellen waren, wie etwa das "Barrel" (Fass) für Volumenangaben oder die "Ounce" (Unze, knapp 30 Gramm) für Gewichtsangaben. Es existieren also zwei verschiedene Systeme, um physikalische Größen zu beschreiben. Obwohl beide recht unterschiedlich sind, funktioniert jedes für sich einwandfrei, denn sie haben jeweils ein eigenes Anwendungsgebiet. Solange man nur weiß, in welchem Gebiet man welches System anzuwenden hat, kann eigentlich nichts schief gehen. Aber natürlich geht etwas schief. Denn es wird problematisch, wenn man entweder nicht weiß, wo man sich gerade befindet, oder wenn man versucht, beide Systeme gleichzeitig auf ein und den selben Mechanismus anzuwenden.

Die Maßmission

Am 11. Dezember 1998 startet die Sonde "Mars Climate Orbiter" vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral und macht sich auf den Weg zum Mars. Aufgabe dieser Sonde sollte es sein, das dortige Klima aus einer bestimmten Entfernung zu untersuchen. Am 23. September 1999 erreicht der MCO sein Ziel, gelangt jedoch auf eine zu niedrige Umlaufbahn und verglüht in der Atmosphäre des roten Planeten. Die Ursache ist schnell gefunden - und kaum zu glauben: Die Software, die für kleinere Kurskorrekturen verantwortlich war, arbeitete nicht mit dem selben Einheitensystem wie die sonstige Navigationssoftware. Die Steuerraketen brachten die Sonde auf eine falsch berechnete, viel zu tiefe Umlaufbahn – und somit zum sicheren Absturz.

 
mco
Verhängnisvoller Softwarefehler: Eigentlich sollte der Mars Climate Orbiter die Marsatmosphäre untersuchen, und nicht in ihr verglühen.
 
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