Interview Josef Jochum Seite 1: Einführung
Fragen zum Interview? |
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Interview mit Prof. Dr. Josef Jochum Teil 2: Über WIMP's & Co.
Drillingsraum: Welche Rolle spielen die WIMP's (Weakly Interacting Massive Particles) bei der Erklärung des Phänomens Dunkle Materie? Prof. Dr. Josef Jochum: Gut, das Wort WIMP ist zunächst mal ein generischer Name für ein schwach wechselwirkendes, schweres Teilchen. Das sagt jetzt für einen Physiker noch nichts über die Natur dieses Teilchens aus, das sind einfach die Eigenschaften, die es haben müsste, um die Dunkle Materie zu erklären. Es muss schwer sein, schwerer als die bisherigen bekannten elementaren Teilchen, und es darf eben nur maximal schwach wechselwirken. Denn wenn es zu stark wechselwirkt, würde es wieder Strahlung emittieren, und man hätte es schon lange gesehen. Insofern ist es ein generischer Name. Und von unserem Standardmodell der Teilchenphysik wissen wir ja, dass es nicht alles erklärt. Zum Beispiel erklärt es die Dunkle Materie nicht. Und man schaut nun, wie man diese Theorie erweitern kann, um die Dunkle Materie und andere Probleme zu erklären. Es gibt Erklärungen, bei denen man das Modell wenig abändern muss, und es gibt fernere Erklärungen, bei denen man das Modell komplett auf den Kopf stellen muss. Und da sucht man natürlich zuerst mal nach den naheliegenderen Arbeitshypothesen, und in Erweiterung des Standardmodells kommen solche Teilchen sehr häufig vor. Um die teilchenphysikalischen Probleme zu erklären, wie zum Beispiel die Frage nach der Vereinheitlichung der Grundkräfte, können |
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Drillingsraum: WIMP's wechselwirken nur über Gravitation und schwacher Kernkraft mit unserer Materie. Nach welchem Prinzip arbeiten denn solche WIMP-Detektoren? Prof. Dr. Josef Jochum: Letztendlich auch über die schwache Kraft. Wobei man da jetzt unterscheiden muss, es muss nicht unbedingt die schwache, uns bekannte Kraft sein. Wenn wir das Standardmodell erweitern, sind auch eventuell neue Wechselwirkungen mit dabei. Aber die WIMP-Detektoren funktionieren letztendlich über die schwache Kraft. Allerdings kann man über die schwache Wechselwirkung keine Detektoren bauen, man kann kein elektrisches Signal über die schwache Kernkraft erzeugen. Das heißt, der Detektionsmechanismus geht letztendlich doch wieder über die normale, elektromagnetische Wechselwirkung. Man muss halt einen geeigneten Effekt finden, wir nutzen da Kernrückstöße: Wenn so ein WIMP über die schwache Kraft mit einem Atomkern wechselwirkt, überträgt es Energie an diesen Atomkern. Und weil dieser aus normaler Materie besteht, kann er dabei elektromagnetische Wechselwirkungssignale abgeben. Drillingsraum: Wie könnten Teilchen wie WIMP's überhaupt entstehen? Prof. Dr. Josef Jochum: Ja, das ist eben genau die gute Frage, wo die herkommen. Also im Urknall haben wir bei hohen Energien Wechselwirkungen zwischen allen möglichen Teilchen. Typisches Beispiel: Ein Elektron-Positron Paar vernichtet sich zu einem Gammaquant, und aus diesem Gammaquant kann dann wiederum ein Quark-Antiquark Paar entstehen. Aber da könnte auch ein WIMP-Antiteilchen entstehen. Wenn die Energien genügend hoch sind, und sich dann alle Wechselwirkungen vereinheitlichen, ist es relativ wahrscheinlich, dass die entstehen. Das heißt: Im frühen Universum waren die WIMP's im thermischen Gleichgewicht mit allen anderen Teilchen. Und dann wurde es kälter, kälter, kälter. Diese Wechselwirkungen frieren dann sozusagen aus, es gibt so eine Art Phasenübergang, bei dem irgend so ein WIMP-Rest übrig bleibt. Und das ist dann die Dunkle Materie. |
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Drillingsraum: Die sogenannte MOND-Hypothese (Modifizierte Newtonsche Dynamik) geht davon aus, dass unter bestimmten Bedingungen die Äquivalenz zwischen träger Masse und schwerer Masse verloren geht. Dadurch ließe sich das Problem mit den "falschen" Rotationsgeschwindigkeiten der Galaxien auch ohne Dunkle Materie erklären. Was halten Sie von dieser MOND-Hypothese? Prof. Dr. Josef Jochum: Die MOND-Hypothese ist zunächst einmal ein empirischer Erklärungsversuch für die Rotationskurven von Galaxien, und als solcher durchaus ernst zu nehmen. Es ist eine sehr schöne Hypothese, die die Rotationskurven und die Probleme der Dunklen Materie erklärt. Ich würde sagen die MOND-Hypothese hat bisher zwei Probleme. Eines ist dieses Bullet-Cluster, das ist ein ernsthaftes Problem für die MOND-Hypothese. Die Diskrepanz zwischen dem Ort, an dem die Materie ist, und dem Ort, an dem das Gravitationspotential ist, kann die MOND-Hypothese bisher nicht lösen. Und das andere ist, dass die MOND-Hypothese nur eine empirische Erklärung ist. Wenn sie sich als wahr herausstellen sollte, wäre das nächste Problem die Frage nach der theoretischen Grundlage der Hypothese. Es ist zunächst einmal nur eine Forderung. Wenn das Gravitationsgesetz so aussähe, oder wenn das 3. Newtonsche Axiom so und so geändert würde, dann kann man die Kurven erklären. Das kann man jetzt als Hinweis nehmen, dass dieses Newtonsche Axiom in dieser Form eben nicht so gilt wie wir es kennen, sondern modifiziert werden muss. Dann muss man halt auf andere Konsequenzen schauen. Dieses Bullet-Cluster sieht nicht danach aus, und die Frage die dann offen ist: Warum ist das 3. Newtonsche Axiom geändert? Also die Physiker würden dann schon noch nach einem tieferen physikalischen Grund suchen. Das wäre dann also auch noch eine offene Frage an der MOND-Hypothese. Aber zuerst müsste man halt mal klären, sie ob sie eine bessere Erklärung als die Dunkle Materie ist, und das sieht im Moment nicht so aus. |
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