Interview mit dem deutschen Astronauten Ulrich Walter

Teil 6: Über Wow-Signale, kosmische TV-Sendungen und Carl Sagan's Verschlüsselungstechniken

 

Drillingsraum: In Carl Sagan's Roman „Contact“ empfangen Wissenschaftler eine Information, die erst unter Zuhilfenahme einer weiteren Raumdimensionen entschlüsselt werden kann. Zurück zur Realität: Wie wahrscheinlich ist es, dass wir ein Signal von Außerirdischen empfangen und richtig verstehen können?

Ulrich Walter: Da muss man unterscheiden: Wenn es sie dort draußen gibt, selbst dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein Signal von Ihnen empfangen, sehr gering. Der Grund ist folgender: Die Dimensionen, die Abstände sind schon sehr groß. Und man kann zeigen, dass man bereits schon bei einer Entfernung von nur 1000 Lichtjahren, und das ist nicht sehr viel, so viel Energie in ein Signal stecken müsste um

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uns zu erreichen, die etwa dem gesamten Energieaufwand der Menschheit entspricht. Das können Sie vielleicht mal für eine Sekunde machen, aber das können Sie nicht für Tage, Jahre, Jahrzehnte oder Jahrtausende machen. Aber solange müsste man das Signal senden, denn Sie können nicht erwarten, dass

irgendwo da draußen einer die ganze Zeit zuhört. Und weil eben die Energie, die man da rein stecken muss, so enorm groß ist, und sich das praktisch kaum einer leisten kann, glaube ich, dass wir kaum ein Signal von ihnen empfangen können, selbst wenn es sie dort draußen gibt. Und das ist konsistent mit unserer Erfahrung. Denn wir hören ja schon sehr lange zu, und haben bisher noch nichts gehört. Und wenn es sie dort draußen in unserer Milchstraße nicht gibt, wovon ich überzeugt bin, dann werden wir natürlich auch nie ein Signal empfangen.

Drillingsraum: Im Jahr 1977 wurde auf der Erde das sogenannte „Wow-Signal“ empfangen. Es wurde 72 Sekunden lang vom Big-Ear-Radioteleskop der Ohio State University aufgezeichnet und ist möglicherweise künstlichen, nicht-irdischen Ursprungs. Was weiß man heute über die Herkunft dieses Signals?

Ulrich Walter: Gar nix weiß man drüber. Und es gibt eine goldene Regel bei den Wissenschaftlern: Einmal ist keinmal. Also Wissenschaft basiert eigentlich gerade auf der Reproduzierbarkeit von Dingen. Wenn ich ein Experiment mache, und ich ein Ergebnis bekomme, muss sich mein Kollege auch hinsetzen und genau das Gleiche messen können. Und wenn er das nicht rauskriegt, dann ist es so gut wie nicht passiert. Und das ist genau das beim Wow-Signal: Es ist nur einmal empfangen worden. Man hat immer wieder die gleiche Schüssel auf die gleiche Stelle gehalten, es ist aber nie wieder aufgetaucht. Meine persönliche Meinung dazu: Man hat kein außerirdisches Signal empfangen, sondern einen Reflex. Was ist das: Wenn zum Beispiel ein Flugzeug in großer Entfernung vorbeifliegt, und zufälligerweise ein Radar-Beam des Militärs oder sowas auf das Flugzeug strahlt, und der Reflex dann in die Antenne tritt, dann bekommt man auch ein sehr starkes Signal, welches auch nur relativ kurz ist, und auch nur einmal empfangen wird.

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Drillingsraum: Im September 2006 nutzte der Fernsehsender arte eine Parabolantenne, um eine TV-Sendung gezielt ins All abzustrahlen. Ausgerichtet war die Antenne auf das 45 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem „Errai“, indem einige Astronomen gute Bedingungen für die Entwicklung von Leben vermuten. Sollte es von unserer Seite mehr von solchen Aktionen geben?

Ulrich Walter: Ja, wissen Sie, wenn man sowas macht ist es ganz schön, also von der Idee ist es schön, aber hier spielt eben auch die Energie eine Rolle. Man kann zeigen, dass solche Signale nach etwa 1000 Lichtjahren verrauschen. Das heißt, die Signalstärke nimmt ja mit der Entfernung quadratisch ab, und irgendwann ist sie unter dem sogenannten galaktischen Rauschen. Und dann können Sie nicht mehr feststellen, ob es sich um ein echtes Signal handelt. Das können Sie nur dadurch beheben, indem Sie noch mehr Energie in das Signal stecken. Aber Sie müssen immer gleich Zehnerpotenzen da reinstecken. Und damit kommen wir wieder zu dem Problem, dass man wirklich die ganze Energie unseres Planeten da reinstecken müsste, um wirklich über die 1000 Lichtjahre rauszukommen. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass solche Versuche nicht von Erfolg gekrönt sein werden. Außerdem nützt es nichts, mal ein Signal für 10 Sekunden oder so in den Weltraum zu schicken. Die Wahrscheinlichkeit, dass just zu diesem Zeitpunkt jemand innerhalb von 1000 Lichtjahren ein Signal empfängt, ist praktisch Null.

Drillingsraum: Unsere Milchstraße besteht aus ca. 200 Milliarden Sternen, die Anzahl der Galaxien im Universum schätzt man auf etwa 100 Milliarden, macht summa summarum also sehr viele Sterne. Glauben Sie an ferne, technisch hochentwickelte Zivilisationen im Universum?

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Ulrich Walter: Ich brauch' da nicht glauben, das ist logisch notwendig. Denn allein die Existenz unserer Zivilisation erzwingt, dass es dort draußen viele andere geben muss, bei so vielen anderen Sternen. Allerdings kann man zeigen, dass dies nicht notwendigerweise auch in unserer Milchstraße der Fall sein muss. Das

heißt, wir sind wahrscheinlich die Einzigen in unserer Milchstraße. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass es dort draußen in den anderen Galaxien andere Zivilisationen gibt. Aber das nützt uns nichts. Denn man kann eben zeigen, dass die Abstände zwischen den Galaxien so groß sind, dass man von dort aus nie ein Signal bekommen wird. Da braucht man schon Supernova-Explosionen, um mal ein Bit zu übertragen. Und deswegen werden wir nie nie wissen, wir können es zwar logisch ausrechnen, aber wir werden nie wissen, ob es sie dort draußen gibt, wir werden sie nie sehen.

Drillingsraum: Und zum Schluss: Wer gewinnt die Fußball-Europameisterschaft 2008?

Ulrich Walter: (lacht) ...Die Fußball-Europameisterschaft 2008... hmm... die Spanier!

 

Vielen Dank für das Interview

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