Interview mit dem deutschen Astronauten Ulrich Walter

Teil 5: Von fernen Zivilisationen, dem Fermi-Paradoxon und Fragen, die bis zur UN hoch gehen

 

Drillingsraum: Alles Leben das wir kennen beruht auf Kohlenstoffverbindungen. Aufgrund seiner komplexen und unvorstellbar vielfältigen Verbindungen bietet dieses Element enorme, praktisch einzigartige Vorteile für die Entwicklung von Leben. Könnte es überhaupt komplexe Lebensformen geben, die auf einem anderen Baukonstrukt beruhen?

Ulrich Walter: Das ist eine Frage, die haben sich die Wissenschaftler schon länger gestellt. Es gibt nur ein Element, bei dem man sich das eventuell vorstellen könnte, und das ist Silizium. Das steht im periodischen System eine Stelle tiefer als der Kohlenstoff. Das hat also ähnliche Eigenschaften wie Kohlenstoff, nämlich sich miteinander zu verbinden und damit lange Reihen bilden zu können. Damit könnte man Informationen codieren.

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Der entscheidende Punkt dabei ist also: Kann man mit anderen Elementen Informationen codieren? Das ginge eigentlich nur mit Silizium. Also im Prinzip ginge das. ABER: Alles andere, was um das Silizium drumrum ist, geht eben nicht. Denn wenn Sie Stoffwechsel mit einer Kohlenstoffverbindung haben, dann muss der Kohlenstoff auch irgendwie ran und

wieder weggebracht werden. Und das geht in unserer Natur über CO2, also mit einer Verbindung, die sehr einfach ist. Sie bringt den Kohlenstoff heran und nimmt ihn auch wieder weg. Und das entsprechende Molekül in der Siliziumwelt, wenn ich das mal so nennen würde, wäre Siliziumoxid, SiO2. Das ist aber Quarzsand, und Quarzsand ist kein Gas. Und wenn Sie wirklich einen Festkörper haben, dann können Sie da mit einer komplizierten Siliziumverbindung nichts austauschen. Allein deswegen kann das nicht funktionieren. Das heißt, obwohl Silizium die Grundeigenschaft hätte, passt alles andere nicht zusammen. Und deswegen sind sich eigentlich alle Wissenschaftler einig: Nein, es geht nur mit Kohlenstoff.

Drillingsraum: Das Fermi-Paradoxon besagt, dass ein großer Teil der Milchstraße eigentlich längst von Leben besiedelt sein müsste, hätte es irgendwann schon einmal eine technisch fortgeschrittene Zivilisation in unserer Galaxie gegeben. Wie aussagekräftig ist dieses Paradoxon?

Ulrich Walter: Ja, das ist schon ziemlich aussagekräftig. Es ist ein sehr einfacher Gedankengang, der schon schlagkräftig ist. Also um es nochmal in einfache Worte zu fassen: Wenn es dort draußen viele Zivilisationen gibt, dann sollten sie irgendwann mal bei uns erscheinen. Denn es gibt verschiedene Zwänge, die sie dazu veranlassen, von ihrem Planeten weg zu gehen. Und nicht nur aus dem Interesse heraus, einfach mal auszuwandern. Es kann zum Beispiel sein, dass deren Stern dabei ist, zu erlischen. Jeder Stern erlischt mal, und wenn eine Zivilisation dieses Problem hat, dann muss sie einfach auswandern. Und deswegen müssten sie eigentlich irgendwann mal ankommen. Aber sie waren offensichtlich nicht hier. Naja, dann ist eben der Rückschluss: Dann gibt’s da draußen halt niemanden. Ich würde mal Folgendes sagen: Dieses Fermiparadox schließt aus, dass es sehr sehr viele Zivilisationen in unserer Milchstraße gibt. Ich schätze mal, ich hab mal ein Buch geschrieben, wahrscheinlich nicht mehr als eine Hand voll. Das heißt aber nicht, dass es in anderen Galaxien nichts gibt. Wir haben sehr sehr viele Galaxien, es sind 100 Milliarden alleine in unserem einsehbaren Teil des Universums. Und deswegen gibt es dort draußen in anderen Galaxien sicherlich andere Zivilisationen. Nur in unserer Milchstraße wahrscheinlich eben nicht.

Drillingsraum: Angenommen, unsere Teleskope empfangen tatsächlich einmal Signale, die eindeutig auf extraterrestrisches Leben schließen lassen. Wie würde unsere Gesellschaft darauf reagieren?

Ulrich Walter: Das ist eine gute Frage. Tatsächlich sind solche Fragen bis zur UN hoch diskutiert worden, und es gibt keine einheitliche Antwort darauf. Wahrscheinlich wird es erstmal verschwiegen werden. Die, die es empfangen, werden auch erstmal sehr verblüfft sein. Ich glaube, da wird im kleinen Kreis versucht werden, zu überlegen was man macht. Aber es wird wahrscheinlich nicht lange dauern, bis es an die Öffentlichkeit kommt, weil es doch eine sehr wichtige Sache ist. Man wird sehr gut überlegen, wie man das der Öffentlichkeit klar macht.

Man wird erstmal sehr genau untersuchen, was das denn ist, also, schauen Sie: Wenn wir ein Signal bekommen, werden die ja nicht auf Deutsch oder auf Englisch reden. Sondern das wird irgendeine Sprache sein, die wir nicht verstehen. Das heißt, wir müssen erstmal beginnen zu verstehen: Was wollen die uns sagen? Man wird also
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erstmal da ran gehen und versuchen zu entschlüsseln, worum geht es. Und erst wenn man das verstanden hat, macht es eigentlich erst Sinn, an die Öffentlichkeit zu gehen. Sonst stiftet das ja nur Verwirrung. Ich meine, da gibt’s ja die wildesten Gerüchte: Wollen die uns umbringen, oder kommen die zum Geburtstagskränzchen bei uns vorbei? Wir wissens nicht. Wir müssen die Nachricht also erst entschlüsseln. Problematisch wird’s erst, wenn wir das nicht entschlüsseln können, was ja sein kann, weil es nur Kauderwelsch ist, den wir nicht verstehen können. Also mit anderen Worten: Kein Mensch weiß, was passieren wird. Und das ist die Situation.

Drillingsraum: Aber kann man nicht davon ausgehen, dass eine technisch hochentwickelte, intelligente Zivilisation eher friedliche Absichten hätte? Die müssten sich doch schon so weit entwickelt haben, dass sie es einfach nicht mehr nötig hätten Kriege zu führen, oder irgendwelche Sachen zu erobern...

Ulrich Walter: Nun, man kann zeigen, und das habe ich in meinem Buch gemacht: Wenn sie hier auftauchen, dann können sie nur eine Absicht haben: Nämlich diesen Planeten zu übernehmen. Und der Grund ist einfach der: Wenn sie zwischen Planeten, zwischen Sternsystemen fliegen, ist der Aufwand dazu riesig. Und zwar sowohl energetisch als auch zeitmäßig. Sie brauchen mehrere hundert Jahre, um von einem Stern zum anderen zu kommen, sie können nicht schneller. Wenn also eine Zivilisation es auf sich nimmt, oder Außerirdische es auf sich nehmen, über Jahrhunderte hinweg eine Reise zu einem anderen Planeten zu unternehmen, dann machen die das nur aus einem Grund, das ist ja kein Spaß, das ist ja nicht ein Sonntagsausflug oder so. Die machen das nur aus einem Grund: Weil sie nämlich zu Hause nicht mehr leben können. Wenn sie aber zu Hause nicht mehr leben können, dann tauchen die auf um hier zu leben. Also werden sie diesen Planeten übernehmen. Und deswegen habe ich immer gesagt bin ich ganz froh, dass sich bis jetzt noch keiner gezeigt hat. (lacht)

 
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