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Dr. Joachim Bublath am 29. Dezember 2008
Fotos: Ramazan Polat
© drillingsraum.de

 

 

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Dr. Joachim Bublath war über viele Jahre hinweg das Gesicht der Naturwissenschaften im deutschen Fernsehen. Durch die "Knoff-Hoff-Show", "Abenteuer Forschung" und weitere Formate wurde er einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Im März 2008 endet die Ära Bublath beim ZDF. Zeit, einen Blick zurück zu werfen. Und einen kleinen nach vorne.

In diesem Interview spricht Joachim Bublath über sein Studium, seine TV-Anfänge, die Zeit beim ZDF, den Beginn der Knoff-Hoff-Show, Wissenschaftsjournalismus, Reisen durch die Welt, und anstehende Projekte. Kurz: Über sein Leben.

Ein Drillingsraum-Interview, 29. Dezember 2008
Von Marc Gänsler

 

Drillingsraum: Herr Dr. Bublath, schön dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Weihnachten gut überstanden?

Joachim Bublath: Ja, sicher. Da ist immer die Familie da.

Drillingsraum: Sie haben ja viele Jahre lang die Knoff-Hoff-Show gemacht. Werden Sie denn manchmal auch von Freunden und Verwandten dazu verdonnert, bei entsprechenden Anlässen wie zum Beispiel gerade jetzt an Weihnachten das ein oder andere Experiment vorzuführen?

Joachim Bublath: Nein, ich bin ja theoretischer Physiker. Viele stellen sich vom Klischee her vor, dass ich in meinem Keller ständig was ausprobiert habe, das ist nicht so. Ich habe wenig ausprobiert, aber ich hab' die Ideen gegeben und Leute gesucht, die das dann realisierten, das ist klar. Gut, ich meine mir macht's natürlich schon Spaß, mit Raketen zu zündeln oder sowas, aber das ist ein privates Vergnügen, das hat mit Knoff-Hoff nur teilweise etwas zu tun.

Drillingsraum: Sie haben Mathe, Chemie und Physik studiert. Bei dieser Fächerkombination und Ihren späteren Tätigkeiten könnte man ja fast meinen, das war auf Lehramt. Waren Sie ein Vorzeigestudent?

Joachim Bublath: Nein, für uns waren ja Streber das Gift. Das haben wir nie gewollt, das war also ganz schlimm. Und wenn einer ein Streber war, hat er sich bemüht das zu kaschieren. Ich war nie ein Streber, ich hatte nur kein Geld. Meine Eltern waren ja Flüchtlinge, und ich musste immer auf Stipendium studieren, das heißt, ich musste eine gewisse Leistung bringen. Das hat wahrscheinlich den Vorteil gehabt, dass ich Eines sehr schnell erkannt habe: Was die einem da vorbringen, kann man sich auch selber beibringen wenn man die Bücher mal schnell durchblättert. Da hat man einen riesigen Vorteil. Das hat in der Schule gut funktioniert, und auch später an der

Uni. In meinen Semesterferien habe ich entweder interessante Jobs gemacht, oder ich bin auf Reisen gegangen. Da hatte ich zwar meine Bücherkisten immer mit, aber das war eher zur Gewissensberuhigung, da hab' ich nie richtig reingeschaut.
"Mir macht's natürlich
schon Spaß mit Raketen
zu zündeln, aber das ist
ein privates Vergnügen"
joachim_bublath

Drillingsraum: Mit Ihren Sendungen hatten Sie sich immer das Ziel gesetzt, den Menschen die Naturwissenschaften näher zu bringen, sie vielleicht sogar für ein Studium in diesem Bereich zu begeistern. Gab's ein spezielles Ereignis, wo Sie gesagt haben, jetzt studier' ich Physik, Mathe und Chemie?

Joachim Bublath: Es sind zwei Antworten, die eine ist: Ich wollte letztendlich wissen, wie die Welt funktioniert, und was wir Menschen darüber wissen. Zum Anderen hat mich mein Physiklehrer in meiner unentschiedenen Position schon beeinflusst muss ich sagen. Der hat Physik und Sport gehabt, kam im Trainingsanzug von seiner Sportstunde und hat dann einfach aus der Hand gesagt: „Ok, jetzt überlegen wir mal, wie wir einen Radiosender bauen. Wir brauchen eine Diode, ...“ und hat das ohne Vorbereitung, ohne Skript oder wie auch immer gemacht. In der Diskussion wurde dann so ein Ding entwickelt, und das fand' ich 'ne tolle Sache. Der Mann war früher mal an der Universität, aber weil er irgendwo im Dritten Reich, ich glaube in Peenemünde bei dem Wernher von Braun, die Raketen mitentwickelt hatte, hat er seine Universitätszulassung verloren. Er wurde also abgestraft und musste in den Schuldienst, und das war für mich ein Glück muss ich sagen.

Drillingsraum: Ihre Doktorarbeit haben Sie an der TU München geschrieben, und dieser Stadt sind Sie später auch treu geblieben. Was schätzen Sie an München?

Joachim Bublath: Einmal, dass man schnell in die Umgebung kommt, und das ist eine eindrucksvolle, landschaftlich sehr wertvolle Umgebung. Das kann man auch mit dem Radel machen, man muss nicht unbedingt Auto fahren.

Drillingsraum: Sind Sie denn heute auch mit dem Fahrrad hier her gefahren?

Joachim Bublath: Nee, heute war's mir zu kalt. Aber diese Umgebung, das finden Sie in der Bundesrepublik höchstens noch in Freiburg, aber ich glaube, Freiburg ist eine sehr kleine Stadt. Sie haben in München ein hohes kulturelles und intellektuelles Angebot. Das heißt also: Auf der einen Seite diese Landschaftsverbundenheit, auf der anderen Seite können Sie aber auch wieder ins Städtische zurückswitchen. Das finden Sie im ausgedehnten Berlin so nicht, sage ich mal, auch in Paris nicht. Wir haben das ja ganz bewusst so entschieden, wir sind zwar

joachim_bublath
"Etwas, was der
Mensch aufbaut, ist
mit Grenzen
behaftet"
über diese Mößbauer-Geschichte hier runter nach München gekommen, das war '69 glaube ich, aber wir hatten uns dann sofort dazu entschieden, uns hier zu etablieren. Auch beim ZDF war ich zwar in Mainz angesiedelt, aber mein Dienstort war München, die Studios sind ja alle in München gewesen.

Drillingsraum: Sie sind 1943 in Königsberg geboren...?

Joachim Bublath: Ne, das ist auch falsch in Wikipedia, ich versuch' es immer wieder zu ändern. Ich bin in Memel in Ostpreußen geboren. Ich hab' sogar mal hingeschrieben: „Es bleibt Memel, selbst wenn Sie sich auf den Kopf stellen.“ Das kann man ja korrigieren, aber irgendjemand macht da immer wieder Königsberg draus. Wahrscheinlich, weil es sich versehentlich mal in einem Who is Who als Königsberg etabliert hat. Memel war zwar auch in Ostpreußen, aber ein Stück weiter oben.

Drillingsraum: Erinnern Sie sich an diese Zeit damals in Ostpreußen?

Joachim Bublath: Nein, ich bin '43 geboren, und meine Mutter musste '44 fliehen, weil natürlich die Ostfront näher kam. Ich erinnere mich da an überhaupt nichts. Höchstens vielleicht an die Mutterbrust (lacht), aber nein, auch das nicht. Ich habe auch keine Verbindung zu Ostpreußen. Ich war zwar jetzt einige Male da, weil meine Eltern dort ihr Leben verlebt haben, und natürlich auch ihre ganze Erinnerung dort oben ist. Aber ich bin froh, dass ich hier unten bin. Ich hab' gar keine Lust da hin zu gehen, muss ich ehrlich sagen. Also die Ostgebiete können dort bleiben.

Drillingsraum: Unter dem Motto „Science meets Jazz“ haben Sie zusammen mit Ihrem Sohn, dem Jazzmusiker Matthias Bublath, ein Projekt mit dem Namen „Das Universum in Concert“ entwickelt, das Anfang 2009 starten soll. Was dürfen die Zuschauer hier erwarten?

Joachim Bublath: Die Frage ist, wie man das alles weitertreibt. Ich meine, wenn man sich das Fernsehen anschaut, sieht man nur Stillstand. Meine Nachfolgegeneration da, die macht jetzt wieder das Format Abenteuer Forschung, das habe ich vor 20 Jahren erfunden. Genauso Faszination Erde, das habe ich vor sechs Jahren erfunden. Man muss ja immer neue optische Formate entwickeln. Beim Fernsehpublikum weiß ich nie, wer zuschaut. Ich muss also immer von Null anfangen. Wenn ich aber den Titel „Jazz“ oder „Universum in Concert“ hinschreibe, dann wissen sie: Jazzmusik muss mich interessieren, und am Besten auch noch das Universum.

Drillingsraum: Wie kann man sich diese Veranstaltung genau vorstellen?

Joachim Bublath: Wir haben einmal eine konzertante Ebene, und ich mache die verbale Ebene. Es laufen bewegte Animationen als Großprojektionen, die eine Entwicklungsgeschichte im Universum erzählen. Das sind so kurze Einblendungen und Abläufe, und diese werden durch ein Konzert unterstützt. Der Zuschauer hat am Ende ein tolles Konzert erlebt, weil die Jungs da aus New York wirklich gut sind. Und er geht nicht mit

schlechtem Gewissen davon, weil er nicht nur Vergnügen hatte, sondern auch einige Wunder im Universum geschildert bekommen hat. Er weiß dann zum Beispiel, wie das Universum entstanden sein könnte. Er weiß, dass er einer Illusion unterliegt wenn er in den Sternenhimmel schaut, es nicht die Gegenwart ist, was er da sieht, weil

"Wir haben einmal
eine konzertante
Ebene, und ich
mache die
verbale Ebene"
joachim_bublath

das Licht eben so lange von den Sternen bis hier her gebraucht hat. Solche Spezialitäten werden da gezeigt, die dann über Jazzmusik und Assoziationsketten ausgelebt werden können. Man kann sich also der Musik widmen, oder man kann sie als Anregungsmittel nehmen, um nochmal zu reflektieren. Wir gehen ja auch nach Rosenheim und Kempten, aber das probieren wir natürlich erstmal aus. Das ist etwas Neues, das gibt's weltweit noch nicht, und deshalb macht es ja auch Spaß. Nur das Neue macht ja Spaß.

Drillingsraum: Haben Sie neben diesem Jazzprojekt schon weitere Ideen für die Zukunft?

Joachim Bublath: Ja, aber das sag' ich jetzt nicht (lacht).

Drillingsraum: Mal schauen ob Ihnen der nächste Satz bekannt vorkommt: „Ich komm' mir vor wie beim Schichtl auf dem Oktoberfest“. Kurz nach diesem Satz trugen Gesprächsthemen und Talkgäste dazu bei, das zu beenden was man unter einer gesitteten Diskussionsrunde versteht. Was sagen Sie eigentlich zu diesem anderen Fall, als es beim Kerner mal zu einem vorzeitigen Abschiednehmen kam?

Joachim Bublath: Das mit der Eva Herman? Ja, ich denke das ging vom Moderator aus. Wie ich das Fernsehen so kenne, war das vorab schon klar, dass das so gemacht werden soll. Als political correctness, als Demonstration. Weil ich solche späten Sendungen und den Herrn Kerner nicht schaue, ist es mir gar nicht so bewusst gewesen. Aber das war vorauseilender Gehorsam, ich habe diesen Ausschnitt in Youtube gesehen. Aber das ist mit meiner Situation ja gar nicht zu vergleichen.

Drillingsraum: Das waren andere Gründe, ja. Gab es im Nachhinein nochmal ein klärendes Gespräch mit Sandra Maischberger oder gar Nina Hagen?

Joachim Bublath: Nein, ich bin damals in dieser Situation auch nicht wegen der Nina Hagen gegangen. Mit ihren über 50 Jahren ist die halt noch ein Kind, und sie ist auch nicht mehr in ein normales Verständnis zu integrieren, sag' ich mal vorsichtig. Also, das war nicht der Punkt. Der Punkt war der, dass die Diskussionsrunde schlecht vorbereitet war. Die Sandra Maischberger wollte da offenbar nochmal mit den uralten Beispielen kommen, bei denen sich scheinbare Visionen und solche Sachen am Ende dann doch als gewöhnliche Lichterscheinungen herausgestellt haben. Sie wollte den Anderen beweisen, dass Vieles nur eine Illusion ist. Aber jeder, der

joachim_bublath
"Die Diskussions-
runde war schlecht
vorbereitet"
mal in so einer Esoterik-Diskussion war, weiß, dass die dann sagen: „Ja, das ist vielleicht ein Fake gewesen, aber es gibt natürlich andere Beispiele, die seriös sind.“ Überall gibt es schwarze Schafe, das kennt man ja. Und jetzt wäre da noch die Zweite, die Sabrina Lallinger, beziehungsweise heute

heißt sie ja Fox. Ich habe mal mit ihr moderiert, sie war auch hier im Bayerischen Rundfunk. Die ist dann nach Amerika und hat den Fox geheiratet, kam danach aber wieder zurück. Und die macht auf Engel: Sie gibt Engelkurse, man kann mit ihr Engel erleben, und Bücher schreibt sie auch darüber. Wenn es um Engel geht, sind Sie in einer kritischen Situation: Wenn Sie sagen, Engel existieren nicht, gehen Sie gegen das christliche Weltbild vor, das hier in unserer Gesellschaft etabliert ist. Dadurch sind Sie schon immer gleich der Böse in dieser Situation. Wenn Sie sagen es gibt keine Außerirdischen, oder die kommen nicht zu uns, weil das alles so weit weg ist, dann ist das etwas ganz anderes. Aber das Thema Engel ist eben belastet. Wir hatten dann noch eine Viertelstunde, und am Ende wäre rausgekommen: Es gibt viele wunderbare Sachen auf der Erde, aber es gibt auch einen Kritiker, und der war ich. Das wäre zu flach gewesen.

Drillingsraum: Wer wäre denn der Andere gewesen? Ich glaube, da hat noch einer gefehlt auf Ihrer Seite...

Joachim Bublath: Der ist von der GWUP, Skeptiker heißt diese Vereinigung. Ich glaube der hat auch so ein Buch gegen den Däniken geschrieben, das hat er mir vorher noch zugeschickt. Wenn Sie medienpolitisch auftreten wollen, dann müssen Sie irgendwo ein Achtungszeichen setzen. Und das einzige Achtungszeichen das ich hatte, war zu entscheiden, jetzt zu gehen. Ich habe ja auch dort schon gesagt, dass es eher eine Psychotherapiesitzung ist als irgendwas anderes. Aber ich war da nicht innerlich erregt, sondern es war eine ganz klare Geschichte. Ich bin auch nicht gegangen, als die Nina Hagen da wieder ihre Geschichten angebracht hat, sondern als die Sabrina angefangen hat. Das sieht man ja in Youtube. Und da habe ich gesagt, jetzt geh' ich, und fertig. Das hatte offenbar eine Wirkung, das ist eigentlich eine medientaktische Verhaltensweise gewesen. Ich meine, ich wollte schon am Anfang gehen, das haben Sie nur alle nicht gesehen weil das im Off passiert ist. Die Sandra Maischberger hat mich aber noch zurückgehalten. Da erzählte die Nina Hagen über 20 Minuten lang, wie ihr das Blut ausgesaugt und mit Außerirdischen ausgetauscht wurde, und da dachte ich, das kann ich nicht machen. Aber das war nichts Emotionales bei mir, dafür bin ich viel zu rational denke ich.

Drillingsraum: Journalismus, Fernsehen, Talkshowauftritte, Talkshowabtritte. Wie kann man da abschalten, was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?

Joachim Bublath: Ich habe ja immer das gemacht, was ich in meiner Freizeit auch immer schon gemacht habe, und nur ein kleiner Teil davon wurde im Fernsehen gezeigt. Ich konnte Wissenschaftler, Nobelpreisträger und die Raumfahrtzentren der Welt filmisch
"Alles was
spannend ist auf
der Welt, konnte
ich selbst erleben"
joachim_bublath

besuchen, habe Ethnologiefilme über Indianergesellschaften gemacht. Ich war lange Zeit im Urwald, hab' auch Malaria und all diese Scherze gehabt. Alles was spannend ist auf der Welt konnte ich selbst erleben, ich musste halt immer einen Film oder ein Thema abliefern. Das hätte ich privat so nie erleben können sag' ich mal, und deshalb war ich damit voll zufrieden. Aber Sie können sich vorstellen, wenn Sie diese vielen Punkte auf der Welt gesehen haben, dann wollen Sie nicht noch ein viertes Mal einen Film über Spitzbergen machen. Da wissen Sie, da stehen Sie im Schneegestöber, sowas machen Sie in jungen Jahren. Genauso mit Energiestrategien und Stammzellen, das ist irgendwann Routine. Darüber habe ich Bücher geschrieben, es also intellektuell abgearbeitet. Dann ist es ja auch so, dass Sie diesen sperrigen Programmteil Naturwissenschaften haben, da führen Sie ja ständig Kämpfe im Haus. Nicht wahr, wenn ein Fußballspiel kommt, dann fliegen Sie raus. Das heißt, Ihre ganze Redaktion und Sie selbst haben umsonst gearbeitet, weil das Thema vielleicht aktuell war, und Sie das im nächsten Monat gar nicht mehr senden können. Oder Sie kriegen einen Sendeplatz um 24 Uhr angeboten, was soll ich damit?

 
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