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Drillingsraum: In den 1970er Jahren haben Sie naturwissenschaftliche Filme für Universitäten in Asien, Afrika und Südamerika produziert...

Joachim Bublath: Angefangen habe ich während meines Studiums. Meine Idee war es, in den Semesterferien zu reisen, und auf diesen Reisen wollte ich immer schon Filme drehen. Da gab's ja diese Hippie-Routen, über Bombay und Singapur ging man nach Bali an den Kuta Beach. Ich habe damals ein bisschen das Schulfernsehen unterstützt. Der Hessische Rundfunk hatte diese Erwachsenen-Bildungsprogramme, und irgendwann haben sie mal die Mengenlehre eingeführt. Keiner wusste damals, was Mengenlehre ist, und so konnte ich mir Geld verdienen, indem ich solche Manuskripte gegengelesen oder verändert habe. Ich hab' mir dann eine 16mm Kamera gekauft, die sehr teuer war, und dann konnte ich auf diesen Reisen eben Filme machen. Mit dieser Kamera habe ich eigentlich filmen gelernt. Machu Picchu, Bagdadbahn, in Syrien war ich auch... Heute weiß ja jeder Tourist, wo Machu Picchu ist.

Drillingsraum: Wie kam dann der Schritt vor die Kamera?

Joachim Bublath: Ich habe damals beim HR gearbeitet. Der Programmdirektor hat mich dann mal gefragt, ob ich eine Wissenschaftsabteilung aufbauen will. Zu dieser Zeit war ich schon in München, also in Garching unten. '71 habe ich promoviert, wir mussten unsere Fortran IV-Programme damals alle selber schreiben, mussten also wirklich mit der Theorie und auch mit dem Computer kämpfen. Einige gute Leute haben daraufhin Softwarefirmen aufgemacht, andere haben sich um den Hals des Professors geklammert, das waren aber nicht unbedingt die Besten. Bei mir kam schließlich auch der Gedanke: „Was tu' ich?“ Die Überlegung war dann, eben diese Wissenschaftsabteilung aufzumachen. Das hat ja Vorteile, ich kann zwar über das Fernsehen nur primitive

Sachen zeigen, aber ich hatte auch die Möglichkeit, etwas mit einem Nobelpreisträger zu machen. Der hat einen dann empfangen, weil man vom Fernsehen war, und ich konnte mir von ihm erklären lassen, was ich vorher nicht verstanden hatte (lacht). Wie ich dann ins On gekommen bin, kann ich ja sagen: Bei diesen Erwachsenenbildungsgeschichten im HR gab es immer Schauspieler, denen man Texte für die Moderation schreiben musste.

Die haben das aber immer falsch betont, also wenn man mathematisch ein bisschen gebildet war, hat man gewusst: Das hat der nie verstanden, was der da erzählt. Ich bin dann einfach ins On, der Regisseur hatte zu mir gesagt: „Komm', jetzt red' du das runter!“ So brauchte er auch keine Texte mehr zu schreiben.

Drillingsraum: Von 1981 bis 2008 waren Sie Redaktionsleiter für Naturwissenschaft und Technik beim ZDF...

Joachim Bublath: Beim ZDF, ja. Aber vorher war ich ja mein Leiter im HR. Und nur weil der Heinrich Schiemann, der damals unter Anderem auch über diese Mondlandung berichtet hatte, beim ZDF pensioniert wurde, wurde diese Stelle frei. Beim ZDF geht man mit 65, genauso wie ich jetzt gegangen bin, weil es keine Hirarchiestelle mehr gibt. Ich hatte mir damals auch überlegt, ob ich das tue oder nicht, ich war ja auch freier Produzent beim HR. Dort hab' ich auch weitaus mehr Geld verdient, als das ZDF mir angeboten hatte. Meine Überlegung war dann: Wenn da so ein Programmdirektor auf die Idee kommt, die Naturwissenschaften

 
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Erzählt, wie er zur Filmerei und zum Fernsehen kam: Joachim Bublath

einzustellen, ist man als freier Mitarbeiter draußen. Wenn man aber als naturwissenschaftliche Abteilung dasteht, müssen die mit dieser Größe irgendwo rechnen. Man konnte im Haus also sehr viel stärker auftreten und kämpfen. All diese Sendetermine wie Knoff-Hoff um 19:30 Uhr und was wir sonst noch so hatten ist ja nur dadurch entstanden. Und warum ich Abenteuer Forschung so lange zu einer prominenten Sendezeit machen konnte liegt daran, weil ich gesagt habe: „Wenn ich Abenteuer Forschung in die Nacht hineingeschoben kriege, dann lohnt sich Knoff-Hoff auch nicht mehr“, das war ja diese Erpressungsgeschichte.

Drillingsraum: Was sagen Sie denn zur Entscheidung des ZDF, dass Wissenschaft immer so spät gesendet wurde?

Joachim Bublath: Vollkommen sinnlos. Das hab' ich auch in meiner aktiven Zeit schon immer in vielen Mahnbriefen und auch in Zeitungen gesagt: Wenn Sie Fernsehen als Motivation sehen, als Appetizer-Sendung, ...haben Sie Schwierigkeiten mit der Zeit? (lacht)

Drillingsraum: Ja.

Joachim Bublath: ...nein, also als Appetizer-Sendung, dann brauchen Sie das Hauptabendprogramm. Um 22:15 Uhr erwische ich ja nicht die richtigen Leute. Ich erwisch' höchstens die Leute, die davon schon tiefere Informationen haben. Ich erwische Leute, die schlaflos sind, die also vielleicht nicht mehr im aktiven Leben sind. Ich hätte dann die Chance vertan, über das Fernsehen die Leute zu motivieren. Und ich komme auch nicht an die Zuschauer: Wer will sich denn Sendungen über Stammzellen oder die Energiekrise anschauen, wenn mittwochs zur selben Zeit der FC Bayern spielt? Da geh' ich auch lieber zum Fußball.

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"Ich wollte mal Quantenphysik,
schwarze Löcher und
Stringtheorie, das hab' ich den
Leuten alles um 19:30 Uhr um die
Ohren geschlagen. Ich bin sicher,
die haben das gar nicht verstanden,
sie waren aber fasziniert."
Drillingsraum: Sie haben unter Anderem die Sendungen Abenteuer Forschung, Faszination Erde und natürlich die Knoff-Hoff-Show ins Leben gerufen. Woher haben Sie all die Ideen dafür hergenommen?

Joachim Bublath: Wenn Sie solche Dinge über wieviel Jahre, ich kann ja rechnen, ...das war 1971, also über 26, 27, 28 Jahre beackern, dann merken Sie auch, dass Sie die Naturwissenschaften irgendwann mal verstanden haben. Also da ist kein Wundermittel dran. Wenn wir jetzt nur mal die Kernphysik und die Festkörperphysik anschauen: Beide benutzen Hamilton-Formalismen, die Kernphysiker setzen dann halt ein anderes Potential ein als die Festkörperphysiker. Das heißt, Sie sehen sehr schnell, wie Naturwissenschaften strukturiert sind, und müssen nicht jedesmal wieder von Null anfangen. Auch die Gentechnik können Sie sehr schnell lernen. Das hat bei mir aber auch 10 Jahre gedauert, ehe ich diese ganzen Felder mal hatte. Diese Vielzahl von Themen haben Sie in einem Journalistenleben irgendwann mal abgearbeitet, und dann wird’s auch langweilig.

Drillingsraum: Eben haben Sie es geschildert: In Ihren Sendungen haben Sie über ein breit gefächertes Themenspektrum berichtet. Ein Thema jedoch kam besonders oft dran: Das Universum. Erkennt man da ein bisschen das Spezialgebiet des Moderators?

Joachim Bublath: Nö. Das hat zwei Gründe, einmal: Wenn Sie eine Sendung über Gentechnik machen, genau so gut, und mit genau so vielen Trickfilmen, bekommen Sie automatisch ein Drittel weniger Zuschauer als wenn Sie ein Thema über das Universum machen. Genetik wollen die Leute irgendwo nicht, weil sie denken: „Oh Gott, jetzt wird das, was so natürlich ist, auch noch von der Wissenschaft abgearbeitet.“ Ich wollte ja mal Quantenphysik, schwarze Löcher und Stringtheorie, das hab' ich den Leuten alles um 19:30 Uhr um die Ohren geschlagen. Ich bin sicher, die haben das gar nicht verstanden, sie waren aber fasziniert. Die Zuschauerzahlen waren in Ordnung, und mehr hat das Haus hier ja gar nicht interessiert. Das war so eine persönliche Herausforderung, komplexere Physik eben auch mal einem breiteren Zuschauerkreis aufzubereiten, oder sie zumindest in der „Eingangstür“ aufzubereiten.

Drillingsraum: Im März 2008 haben Sie sich von Ihrem Fernsehpublikum verabschiedet. Hätten Sie keine Lust gehabt, noch ein paar Jahre weiterzumoderieren?

Joachim Bublath: Ich hätte keine Lust gehabt, um 22:15 Uhr weiterhin mein Magazin zu machen. Ich habe ja erklärt warum, das halte ich für sinnlos. Es hat mich außerdem gelangweilt, immer die selben Themen zu machen. Sie sehen jetzt in diesen Nachfolgesendungen
"Wenn Sie meine Form
des Betreibens von
Wissenschaftsjournalismus
nehmen, brauchen Sie
eine Machtposition"
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Themen wie „Leben ohne Mond“, das hab' ich ja fünfmal gemacht in meinem journalistischen Leben. Oder Sie berichten über Gentechnik, da fangen Sie immer wieder gleich an: „Was ist ein Gen?“, kommen dann zur Stammzelle, ...und so weiter. Nein, das hat mich alles gelangweilt. Zum Anderen: Wenn es mit 65 zu Ende ist, haben Sie auch Ihre Hirarchieposition nicht mehr, das heißt, Sie haben keine kreative Macht mehr. Ich hätte das Angebot gehabt, Faszination Erde weiterzumachen, aber da muss ich sagen, so will ich nicht enden. Mich hat kritischer Wissenschaftsjournalismus interessiert, also: Was ist nun wirklich mit den Heilpraktikern, was steckt hinter der Energiepolitik und den Stammzellen, ist das CERN gefährlich oder nicht? Also immer dort, wo die Naturwissenschaft auch das gesellschaftliche Leben berührt. Und wenn Sie meine Form des Betreibens von Wissenschaftsjournalismus nehmen, brauchen Sie eine Machtposition. Wenn Sie diese Machtposition nicht mehr haben, sondern quasi gesagt bekommen: „Sie dürfen 6 mal im Jahr senden, und werden dafür hochbezahlt“, dann interessiert mich das nicht. Geld hat mich da nie interessiert.

Drillingsraum: Ihre letzte Sendung hatte das Thema „Das dunkle Universum“. Am Ende sind Sie in ein virtuelles Raumschiff gestiegen und davongedüst...

Joachim Bublath: Das mit dem Raumschiff hab' ich vor 5 Jahren gemacht, dass war nur so eine Zusammenfassung in dieser letzten Sendung. Diese Routine, die ich mit Abenteuer Forschung hatte, oder... das hieß ja dann wie ich, Joachim Bublath. Das hat ja auch seine Geschichte, warum das so hieß, aber das ist jetzt egal.

Drillingsraum: Warum hieß das denn so?

Joachim Bublath: Weil gesagt wurde, es soll ein wöchentliches Wissensformat wie Galileo geben, und wir sollten das eben machen. Da hab' ich gemeint: „Wöchentlich können wir das nicht leisten, und das find' ich auch nicht gut“. Die haben dafür schließlich den Titel Abenteuer Wissen genommen, und die Leute haben dann Abenteuer Forschung und Abenteuer Wissen verwechselt. Also man kann ja Galileo nicht mit Abenteuer Forschung vergleichen. Der Zuschauer schaut auch nicht genau hin, ob das nun Abenteuer Wissen oder Abenteuer

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"Damals wollte ich
das Ganze
sowieso
hinschmeißen"
Forschung heißt. Damals wollte ich das Ganze sowieso hinschmeißen, und dann haben die gesagt: „Ok, dann machen wir Abenteuer Forschung eben mit Ihrem Namen.“ Und das hat ja dann auch ganz gut funktioniert.

Drillingsraum: Jetzt heißt es trotz Allem wieder Abenteuer Forschung. Haben Sie sich Harald Leschs erste Moderation angesehen?

Joachim Bublath: Ich war da gar nicht hier in der Bundesrepublik. Ich habe, dazu sage ich aber immer nur ungern etwas, mal punktweise in eine Aufzeichnung reingeschaut, ja.

Drillingsraum: Und?

Joachim Bublath: Ich denke, das Grundprinzip ist darin falsch. Der Harald Lesch ist ja sehr gut in der Astronomie und auf seinem Gebiet. Nur, Wissenschaftsjournalismus heißt ja, dass ich auch etwas über Stammzellen und solche Sachen wissen muss, darüber kritisch berichten muss, mein Feld sehr weit machen muss. Wenn man jemanden nimmt, der noch an der Uni ist, der das also nur als Nebenjob macht, dann kann er das eigene Spektrum ja gar nicht erweitern. Ich würde dem Harald Lesch sehr gerne bei seiner Astronomie zuhören und zuschauen, aber ich würde wahrscheinlich zurückhaltend sein, wenn er mir etwas über Stammzellen erzählen will. Ich glaube auch, dass er kaum über Klimamodelle berichten kann, da er ja hauptberuflich an der Uni angebunden ist. Da würde er ja gegen die eigene Zunft vorgehen. Journalismus heißt: Ich bin nicht parteiisch, ich beobachte die Szene, ich verstehe etwas von der Szene, und ich habe das ganze Spektrum einer Szene. Anderenfalls ist das für mich kein Wissenschaftsjournalismus, sondern einfach nur eine Weitergabe von schon bekannten Dingen. Mich würde Wissenschaftsjournalismus dann interessieren, wenn man Situationen auf Augenhöhe kritisch einschätzt. Und das wird in Deutschland kaum gemacht. Was mich dann auch gewundert hat, da heißt es ja: „Mit Professor Lesch“, also im Journalismus versucht man Titel wegzulassen, es ist die Leistung, die da drüber geht. Daran sehen Sie ja letztendlich auch die Unsicherheit. Also, Astronomie ok, aber das ist nicht das Spektrum, das mit Abenteuer Forschung abgedeckt werden muss. Abenteuer Forschung ist ein Format, das ich mal vor 30 Jahren erfunden habe, und das wird jetzt wieder entstaubt. Der optische Weg ist aber weitergegangen, man muss etwas Neues machen.

Drillingsraum: Haben Sie sich früher nie überlegt, mal aus dem Fernsehgeschäft auszusteigen und etwas ganz anderes zu machen?

Joachim Bublath: Ich meine, ich habe ja nur 5% von dem, was ich für mich selber gelernt habe, über den Sender gebracht. Ich habe unheimlich viel gelernt, wenn ich etwas über Quantenphysik recherchiert habe. Übrig blieb dann die Unschärferelation und solche simplen Dinge. Die Zufriedenheit war bei mir immer
"Abenteuer Forschung
ist ein Format, das
ich mal vor 30 Jahren
erfunden habe, und
das wird jetzt
wieder entstaubt"
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dadurch gegeben, dass ich sehr viel gelernt habe. Ich hab' meine Sachen ja immer selber gemacht, war Autor, habe die Filme selber geschnitten und kommentiert. Das ist ja die Schwierigkeit, aus dieser nüchternen Naturwissenschaft etwas lebhaftes zu machen. Das optische Erscheinungsbild war die Hauptaufgabe, 80% der Zeit ist weggegangen, weil wir gesagt haben: Wir müssen Trickfilme in Werbespotqualität machen, wir müssen optische Verblüffungen so weitergeben, wie sie in den besten BBC Dokumentationen vorhanden sind. Nur, jetzt sehe ich überhaupt nicht mehr, dass das gemacht wird.

Drillingsraum: Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann mal wieder vor der Kamera zu stehen?

Joachim Bublath: Das kann durchaus so sein, ja.

 
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